renaissance

Wann hat die Verfeinerung begonnen? Warum gab es den enormen Sprung? Heute ist es kaum vorstellbar, wie (und dass!) sich das Individuum emanzipierte. Ob in Baukunst, der Malerei oder Musik – in der Renaissance wurden große Schritte hinsichtlich der kulturellen Produktion gemacht. Auch das Theater entwickelte sich! Das düsterere Mittelalter, kalt und grau, wurde verändert, Fenster wurden aufgestoßen. Der Geist der Antike kehrte zurück.

Handelte es sich hier um die Wiedergeburt des Menschen, die sich hier über Jahrhunderte entwickelt hatte? Oder ging alles ganz schnell?

Die Epochen waren durch einen roten Faden miteinander verbunden. In Italien wurde eine Spur gelegt, die bis heute zu verfolgen ist. Mehr war auch nicht zu erwarten. Ausbrechen aus dem Dunkel ins Licht – ein allumfassendes Prinzip, auf dem unsere Zivilisation fußt und seitdem nicht verlassen wird. Es entstanden: Der Palazzo, die Enfilade, das Schlachtengemälde, das Porträt des Individuums. Große Kirchen wurden nach elementaren Regeln gebaut, mutig und technisch anspruchsvoll. Die Malerei blühte, die Buchkunst lernte das Vervielfältigen; der Geist zeigte sich, bewusst – auch durch das Tragen von Mode und edlem Tuch. Alles war schon über 600 Jahre zuvor erfunden worden. Es musste nur behutsam weitergetragen werden, denn Errungenschaften und Erfindungen sind schließlich zur Überlieferung = Tradi(k)tion da.

So wie das Kind das Sprechen lernt, so wurden die Ideen der Renaissance erlernt, in Bücher gepackt, durch Musterschablonen benutzbar gemacht – und wieder vergessen.

Im Zeitalter der Moderne musste dann alles erneut auf den Prüfstand. Alles wieder auf Anfang. Auch der Architekt als Künstler lernte das Vokabular von Null an: Erste Idee, erste Skizze, erstes Modell, der Plan, der Bau. Natürlich nahm dieser Prozess Umwege: Statt einen Plan für eine Kirche zu entwerfen, gestaltete er plötzlich Geschirr. Statt Wohnungen, nun, Tapeten.

Warum begann wieder alles von vorn? Wann war der architektonische Faden gerissen? Künstler beziehen sich selbstverständlich epochenübergreifend aufeinander. Sie nutzen alles für sich, von der Höhlenmalerei, über Dekor bis hin zum Dekonstruktivismus – und sie bauen ungebremst weiter. So steht Picasso in der Tradition der Zeichner, Lüpertz in der der großen Maler und Jeff Koons sieht sich selbst neben Michelangelo. Wir Architekten sollten endlich auch den Mut besitzen, in die Welt des Ausleihens und des sich-beziehens einzutauchen.

Denn: Besser gut geklaut als schlecht selbstgemacht! Nehmen wir doch einfach die Renaissance.

Professor Christian Heuchel und Van Heuchel I Köln, im April 2021

Teilen / Drucken:

Diese Seite benutzt Cookies. mehr Info
ok
Zur Werkzeugleiste springen